Plakat und Broschüre für die Polizei Berlin veröffentlicht

Seit dem Terroranschlag der Hamas am 7. Oktober 2023 ist die Zahl antisemitischer Vorfälle in Berlin sprunghaft angestiegen. In 2023 wurden von der Polizei Berlin 892 Straftaten mit antisemitischer Motivation registriert, 511 Fälle mehr als im Vorjahr. Die Angriffe und die andauernde Bedrohung haben bei Jüdinnen und Juden zu einer enormen Erschütterung des Sicherheitsgefühls geführt.

Viele Betroffene von Antisemitismus verzichten immer noch auf eine Strafanzeige bei der Polizei, auch weil sie negative Erfahrungen gemacht haben oder bisherige Anzeigen zu keinen Ergebnissen führten.

Grundsätzlich müssen Mitarbeitende der Polizei befähigt sein, bei Verdachtsfällen ein möglicherweise vorliegendes antisemitisches Tatmotiv zu erkennen, es aufzunehmen, intern der zuständigen Fachdienststelle zu melden und im Rahmen der Ermittlungen professionell und empathisch mit Betroffenen umzugehen. Auch im Rahmen von Versammlungen sind sie mit diesen Herausforderungen konfrontiert. Ob der antisemitische Inhalt von Äußerungen und Plakaten erkannt wird, hängt entscheidend vom Wissen und der Sensibilität der Polizist_innen ab. Der fortlaufenden Sensibilisierung (hebräisch: regishut) kommt daher eine besondere Bedeutung für die Erfüllung polizeilicher Aufgaben zu.

Als erstes zivilgesellschaftliches Projekt dieser Art verfolgt „Regishut – Sensibilisierung zu Antisemitismus in der Berliner Polizei“ in Trägerschaft des Vereins für Demokratische Kultur in Berlin (VDK) e.V. seit Mitte 2021 genau dieses Ziel. In eigens entwickelten Schulungen klärt es über aktuelle Erscheinungsformen von Antisemitismus auf und sensibilisiert für die Situation von Personen und Einrichtungen, die von antisemitischen Übergriffen bedroht oder betroffen sind. Bislang hat Regishut mehr als 1.700 Teilnehmende geschult, darunter (angehende) Mitarbeitende im Polizeivollzugsdienst und im Zentralen Objektschutz (ZOS). Das praxisorientierte Angebot von Regishut ist inzwischen fester Bestandteil der polizeilichen Aus- und Fortbildung.

Um das vermittelte Wissen dauerhaft zugänglich zu machen und im Dienstalltag zu verankern, hat das Projekt für Mitarbeitende der Polizei eine Broschüre zu aktuellen antisemitischen Symbolen, Codes und Parolen sowie ein Plakat mit wichtigen Hinweisen zur Verfolgung antisemitischer Straftaten erstellt. Auf dem Plakat werden zentrale Inhalte des von der Polizei Berlin und der Generalstaatsanwaltschaft Berlin herausgegebenen „Leitfadens zur Verfolgung antisemitischer Straftaten“ veranschaulicht. Es wurde den über 100 Dienststellen der Berliner Polizei bereits zur Verfügung gestellt.

Die nun veröffentlichte Broschüre „Antisemitismus erkennen. Symbole, Codes und Parolen“ ist ebenfalls als praxisnahe Arbeitshilfe konzipiert. Auf Grundlage zivilgesellschaftlicher und wissenschaftlicher Expertise bietet sie Informationen zu aktuellsten Erscheinungsformen von Judenfeindschaft, wie etwa zum Phänomen des israelbezogenen Antisemitismus.

Stimmen zur Veröffentlichung:

Alexander Lorenz-Milord, Projektleitung Regishut:

„Unser Schulungsangebot und unsere Handreichungen sollen die Polizei Berlin aus der Zivilgesellschaft heraus bei der Bekämpfung von Antisemitismus unterstützen. Um – auch im Sinne der Betroffenen – Handeln zu können, müssen die Mitarbeitenden der Berliner Polizei im Dienstalltag in der Lage sein, antisemitische Symbole oder Codes sicher zu erkennen und ihre Bedeutung zu erfassen. Genau hier setzt unsere Broschüre an: Als praxisnahes und umfassendes Nachschlagewerk soll sie fortan beim Wahrnehmen und Deuten helfen. Das Plakat wiederum bildet den Mindeststandard der Maßnahmen bei der Verfolgung antisemitischer Straftaten ab. Wir hoffen, dass so auch ein professioneller Umgang mit Betroffenen zum selbstverständlichen Teil polizeilichen Handelns wird.“

Sigmount A. Königsberg, Beauftragter gegen Antisemitismus der Jüdischen Gemeinde zu Berlin:

„Während Jüdinnen und Juden sich in dieser Stadt seit dem 7. Oktober 2023 mit einer regelrechten Explosion antisemitischer Vorfälle konfrontiert sehen, müssen sie es immer wieder erleben, dass ihren Anliegen auf der Polizeiwache nicht angemessen begegnet wird. Deswegen wurde schon vor geraumer Zeit von der Berliner Polizei und der Generalstaatsanwaltschaft gemeinsam mit RIAS Berlin und Regishut ein Leitfaden zur Verfolgung antisemitischer Straftaten erarbeitet, dessen Informationen nun von Regishut in einem Plakat komprimiert und leicht verständlich zusammengefasst wurden.

Die übersichtliche Darstellung der neuen Materialien von Regishut gibt den Beamtinnen und Beamten schnell abrufbare Hinweise, was zu beachten ist, wenn Menschen zu ihnen kommen, die mit Antisemitismus konfrontiert wurden.

Ich danke den Kolleginnen und Kollegen von Regishut ganz herzlich für ihre Arbeit.

Ich verbinde mit diesen Veröffentlichungen die Hoffnung, dass von Antisemitismus Betroffenen in Zukunft mit Empathie und Verständnis begegnet wird.“

Dr. Doron Rubin, stellvertretender Vorsitzender des Bundes traditioneller Juden (BtJ) und Richter in Berlin:

„Die Publikationen von Regishut sind eine wichtige Hilfe für die Arbeit der Polizei, um Antisemitismus erst einmal erkennen zu können. Ohne Kenntnis der einschlägigen Zeichen, Symbole etc. kann Antisemitismus nicht angemessen bekämpft werden.“

Winfrid Wenzel, Antisemitismusbeauftragter der Polizei Berlin:

„Ich freue mich sehr, dass die enge und erfolgreiche Zusammenarbeit der Polizei Berlin mit dem Projekt Regishut dauerhaft etabliert werden konnte und vor allem darüber, dass diese Allianz ein vorbildliches Beispiel für das Miteinander unserer Behörde mit einem starken externen Partner ist.“

Prof. Dr. Samuel Salzborn, Ansprechpartner des Landes Berlin zu Antisemitismus:

„Das Projekt Regishut ist ein zentraler Akteur der Berliner Antisemitismusprävention und gehört zu den zivilgesellschaftlichen Initiativen, die vom Land Berlin umfangreich gefördert werden. Erfolgreich hat es sich der wichtigen Aufgabe angenommen, Kolleg_innen der Strafverfolgungsbehörden solides Wissen über Antisemitismus, seine Erscheinungsformen und die Perspektive der Betroffenen zu vermitteln. Die neue Handreichung von Regishut leistet hierfür einen wertvollen Beitrag: sie stellt Grundlagen des Verständnisses von Antisemitismus vor, beleuchtet seine unterschiedlichen Ausdrucksweisen und liefert anwendungsbezogen Hinweise auf antisemitische Artikulationen, Parolen und Chiffrierungen.“

Für Rückfragen oder Interviewanfragen wenden Sie sich bitte an:

Christin Sommerfeld und Mischa Luy, Projektleitung Regishut

Telefon: (030) 817 985 825
E-Mail: info@regishut.de